Interview mit Andreas Schlüter – Literatur Garage

Zunächst einmal an Dank ein Bernhard für diesen interessanten Link.

Ich kannte Andreas Schlüter bisher leider nicht, er hat aber einige Interessante Dinge zu sagen. Ich werde mir seine Literatur hoffentlich bald zu Gemüte führen können. Vorher aber ist die Frau ohne Welt dran.

Dann kommt aber endlich etwas von Andreas Schlüter an die Reihe.

Das Interview „Ich habe einfach das geschrieben, was ich selbst als Kind gern gelesen hätte“ hält einige – für mich sehr relevante – Aussagen parat.

Aber ich hatte einen tollen Latein- und Sportlehrer, der gleichzeitig der Klassenlehrer der unteren Klassen war. Er sagte: „Ich kann einen guten Fußballer brauchen. Komm zu mir.“ Ich wiederholte die Klasse und hatte im zweiten 7.Klasse-Zeugnis, ein Jahr später, plötzlich nur Einsen und Zweien. Übrigens halte ich deshalb das heutzutage vielfach verpönte „Sitzenbleiben“ nicht für eine Strafe, sondern für eine durchaus überlegenswerte Option.

Dies zeigt deutlich, wie wichtig ein männlicher Lehrer für einen Jungen sein kann. Ich gehe nicht davon aus, dass eine Lehrerin zu ihrem Schüler: „Ich kann einen guten Fußballer brauchen. Komm zu mir.“  gesagt hätte. Ich denke auch nicht, dass dieser Junge zu einer Lehrerin ein ähnliches Verhältnis hätte aufbauen können. Der Mangel an männlichen Lehrern und Pädagogen insgesamt beginnt schon mit dem Kindergarten und wirkt sich bekanntlich nicht positiv auf Jungs aus. Ich habe selber einen Jungen und weiß, wie sehr im männliche Komponenten im Schulalltag fehlen.

Oft ist zu hören, „Schlüter schreibt Jungs-Bücher”. Stimmt das und wenn ja, warum?

Ja und nein. Ich schreibe für Jungs. Mittlerweile auch sehr bewusst. Sie sind mein Maßstab. Ich frage mich immer, ob es Jungs interessieren könnte, was ich schreibe. Ich bekomme aber oft die Rückmeldung, dass viele meiner Bücher auch sehr gern von Mädchen gelesen werden. Das freut mich dann jedes Mal sehr, aber der Maßstab für mein Schreiben sind sie nicht.

Diese Aussage ist in der heutigen Zeit bestimmt nicht sehr populär. Gerade diese Aussage aber macht ihn als Schriftsteller im Hinblick auf meinen Sohn interessant. Hier schwingt auch mit, dass er offensichtlich mit Gender Mainstreaming nicht viel am Hut hat, was ich auf das höchste begrüße. Zu oft und zu ausgiebig muss mein Sohn schon sein Dasein als Junge verleugnen. Zu oft muss er sich als ein unvollkommenes Mädchen in der Schule verhalten. Auf Dauer kann dies nur zu Problemen führen. Daher ist es toll, wenn es jemanden gibt, der alleine für Jungen schreibt und sich in die Welt der Jungs versetzt.

Es ist amüsant, wenn in Lesegruppen Frauen manchmal an meinen Büchern kritisieren, dass die Figuren zu wenig emotional seien. Es stimmt nicht, aber ich verstehe den Einwand. Denn das, was die Leserinnen an „Gefühl“ vermissen, empfinde ich als Kitsch. Und sehr viele Jungs und Männer empfinden das eben genau so wie ich. Sie erkennen oder wissen, welche Emotionen mein Held hat oder haben muss, wenn er dieses oder jenes tut – ohne dass man expliziert beschreiben müsste, dass er jetzt wütend, traurig oder eifersüchtig ist.

Genau diese Wahrnehmung des Gefühlslebens kann ich sehr nachvollziehen. Während es für mich immer anstrengend war über meine für mich selbstverständlichen Gefühle mit Frauen zu reden. („Verdammte Scheiße, es ist doch logisch, dass ich extrem wütend auf Dich bin…! Warum muss ich Dir das jetzt im Detail ausbreiten? Ich bin wütend!“ u. ä.)

Ich empfinde meinen Umgang mit Gefühlen als sehr natürlich und vertraut. Ich bin und war auch immer ein sehr emotionaler Mensch und die meisten Dinge, die ich tue haben etwas mit Leidenschaft und Gefühl zu tun. Vielleicht liegt es daran. Mir ist aber ein Buch lieber, in dem etwas passiert als ein Buch, dass sich seitenweise darüber ergeht, wie es dem Protagonisten emotional gerade ergeht. Das weiß ich schon aus seinen Handlungen und seinen Erfahrungen innerhalb des Buches heraus. Mir fällt gerade auf, dass ich die Aussage von Andreas Schlüter vorweg genommen habe.

Würde das nicht vieles leichter oder klarer machen?

Im Gegenteil, das würde oft die Handlung zerstören. Jungs sprechen nicht drüber, können die Emotionen des Helden aber dennoch nachvollziehen und nachempfinden. Es ist wie im Leben, in dem Frauen Männern auch sehr gern vorwerfen, zu wenig über sich und ihre Gefühle zu sprechen. Wohlgemerkt, sie stellen es nicht fest und akzeptieren, dass Männer so sind, sondern sie formulieren es als Mangel des Mannes und als Forderung an ihn, sich dem weiblichen Verhalten anzupassen. Und so erfährt es auch der Junge beim Lesen. Er soll gefälligst das lesen, was Frauen nach ihren Kriterien gefällt. Das will er nicht, also lässt er das Lesen mitunter ganz.

Ich würde jetzt am liebsten das ganze Interview wiedergeben, es ist aus einer männlichen Perspektive ein sehr wichtiges Interview. Ihr solltet es unbedingt lesen, auch wenn ihr selbst keinen Sohn habt, denn er führt wichtige Dinge zur Sozialisation der heranwachsenden Männer aus.

Also: Bitte lesen! 😉

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