Lügenpresse? Propaganda?
Doch Führerscheine für Transsexuelle in Russland

Ein weiteres Beispiel, warum es verlockend ist, momentan den Ausdruck „Lügenpresse“ für die deutsche Medienlandschaft zu nutzen.

Kürzlich hatte die ARD in ihrer Tagesschausparte einen Artikel mit der skandalträchtigen Schlagzeile

Neues Gesetz in Russland
Kein Führerschein für Transsexuelle

Die Tagesschau wusste zu berichten, dass Russland Transsexuellen das Führen von Autos untersagt. Dies wurde ohne Zweifel berichtet.

Die russische Regierung hat Transsexuellen und Transvestiten das Autofahren untersagt. Der neuen Straßenverkehrsordnung zufolge werden sie als Personen mit „Geistes- und Verhaltensstörungen“ und deshalb als nicht fahrtüchtig eingestuft.

Desweiteren ging es um „Fetischisten, Pädophile und Voyeuristen sowie Glücksspielsüchtige und Kleptomanen„. Verwunderlich ist, dass Pädophile aufgeführt werden. Dass diese zu der Ehre kommen als propagandistisches Mittel gegen Russland eingesetzt zu werden, wer hätte das gedacht?

Ganz im feministischen Sinn wurde dann auch der Bogen zu Homosexuellen geschlagen:

Sexuelle Randgruppen, allen voran Homosexuelle, sehen sich in Russland seit einigen Jahren immer größerem Druck ausgesetzt. Ein Gesetz von 2013 beispielsweise sieht Geld- und Haftstrafen dafür vor, Minderjährigen gegenüber Homosexualität positiv darzustellen.

Wenigstens kommen deutsche Kinder bald in den „Genuss“ der positiven Darstellung von Homosexualität durch die Bildungspläne. Deutschland ist ja so weit vorne. Ich persönlich finde ja, dass Kinder ihre Sexualität unabhängig von der Vermittlung von Erwachsenen, welche Sexualität positiv oder negativ ist, entwickeln sollten.

Die Zeit wusste es dann auch zu berichten:

Diskriminierung
Russland will Transsexuellen das Autofahren verbieten

Die Zeit berichtet, dass die Regierung psychische Störungen definiert hat, die das Führen eines Autos verhindern sollen:

Die Regierung in Moskau hat „psychische Störungen“ festgelegt, die zum Führerschein-Entzug führen sollen. Dazu gehören auch sexuelle Vorlieben wie etwa Fetischismus.

Die Zeit nennt die Pädophilen, Kleptomanen und Glückspielsüchtigen erst im späteren Verlauf des Artikels.
Wie sehr das „Regenbogenbild“ ernst zu nehmen ist, dass dem Artikel beigefügt wurde, ist zu hinterfragen. („Protest in Stockholm gegen die russische Diskriminierung von Homosexuellen und Transsexuellen (Archivbild) | © Erik Martensson/TT News Agency/Reuters“)
Immerhin erzeugt man so den Anschein eines internationalen Aufstandes. Die Zeit bezieht sich auf einen Bericht der BBC. Die Meldung wird vielleicht doch international in der EU verbreitet worden sein.

Der Artikel wirkt nahezu wie eine 1 : 1 Kopie ohne eigene Recherche des Berichtes von der Tagesschau.

Ich verfolge die Nachrichten von RT Deutschland, weil ich spätestens seit den Geschehnnissen in der Ukraine vermute, dass die hiesigen Darstellungen durch die Presse extrem verzerrt sind. Dort erschien dann auch ein Artikel, der sich auf die Auslassungen der ARD bezieht:

Entgegen ARD-Propaganda:
Freie Fahrt für Transgender auf russischen Straßen

Das ehemalige Qualitätsmedium ARD titelte jüngst „Russland verbietet Führerschein für Transsexuelle“ und bezog sich dabei auf ein „neues russisches Gesetz“ zur Fahrtüchtigkeit. Weder handelte es sich dabei um ein Gesetz noch verbot Russland tatsächlich Transsexuellen das Fahren von Autos. Aber die ARD wollte wohl mal wieder eine anti-russische Schlagzeile produzieren.

Dass sich die ARD eine solche Aussage wie „ehemaliges Qualitätsmedium ARD“ gefallen muss, hat sich die ARD selbst zuzuschreiben. RT Deutschland führt die „etwas einseitige, scheinbar alkoholisierte“ Berichterstattung durch die ARD dann einem etwas anderen Bild zu:

Zunächst hätten die Programmverantwortlichen für den ARD-Beitrag zumindest minimal recherchieren sollen, denn bei dem „Gesetz“ handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine Regierungsverordnung, die die bisherige Straßenverkehrsordnung von 1995 ergänzt. Das stellt einen relevanten Unterschied dar. Denn da es sich lediglich um eine Ergänzung handelt, war weder das Parlament, noch das Präsidialamt noch die Menschenrechtskommission an der Erstellung und Annahme beteiligt.

Offenbar hat weder die ARD, noch die Zeit minimal recherchiert. Eine Verordnung stellt etwas anderes dar als ein Gesetz und ist dementsprechend auch nicht der Regierung zuzuschreiben. So richtig bitter, aber wird es, wenn sich herausstellt, dass die Verordnung auf westlichen Festschreibungen beruht:

Der zudem ohne einen einzigen Quellenverweis auskommende Beitrag ignoriert diesen Sachverhalt ebenso wie die Tatsache, dass die verantwortlichen Beamten in der Erstellung von Ausschlusskriterien für das Führen von Kraftfahrzeugen einfach ohne zu spezifizieren, die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebene ICD10-Vorgabe „Klassifizierung von mentalen und verhaltensgestörten Auffälligkeiten“ übernahmen. Und in dieser Klassifizierung, das ist wohl auch der eigentliche Skandal, führt die WHO Transsexualität bis heute als “psychiatrische Krankheit”.

Es ist tatsächlich so, dass es keinerlei Quellenverweis weder bei der Tagesschau, noch bei Zeit gibt. Besonders peinlich ist es, wenn sich herausstellt, dass die Russen selbst ein wenig nachlässig waren und westliche Festschreibungen übernommen haben. Ob Transsexualität nun eine psychische Störung ist oder nicht, soll hier jetzt nicht Thema sein. Zumindest sollte Transsexualität nicht am Autofahren hinderlich sein. Fakt scheint aber zu sein, dass Russland die Einstufung eher nachlässig übernommen hat.

Dies hätte aber auffallen müssen, wenn die heutige Presselandschaft nicht damit beschäftigt wäre, den ganzen Tag Twitter zur Recherche von Schlagzeilen zu nutzen. Wenn schon ein Tweet (eine Nachricht von 130 Zeichen bei Twitter) einer 17-Jährigen zur deutschen Bildungspolitik für eine Schlagzeile reicht, könnte dies durchaus auf den Zustand der Presse in Deutschland hinweisen. Mittlerweile geht sogar das Gerücht um, die 17-Jährige habe diesen Tweet sogar nur kopiert. Was soll man aber davon halten, wenn ein Tweet, als Grundlage für ganze Artikel dient? Eigene Recherche scheint nicht mehr so unter den Medienleuten verbreitet zu sein.

Man hätte im Falle der Transsexuellen, die angeblich bald nicht mehr in Russland Autofahren dürfen, ganz einfach einmal Anfragen stellen können. Eine Anfrage zu stellen, ist nicht besonders schwierig. Abschreiben aber ist noch einfacher. Okay, das gebe ich zu.

RT Deutschland kommt dann auch folgerichtig zu dieser Schlussfolgerung:

Aus einem Erlass, der sich mit der Fahrtüchtigkeit von psychisch Erkrankten beschäftigt, konstruiert die ARD in bester populistischer Manier eine Diskriminierung von sexuellen Minderheiten.

Wenn ich jetzt ein wenig nachdenken würde, dann käme ich zu dem Schluss, dass zugunsten einer feministischen Ideologie und Russlandfeindlichkeit die Wahrheit ein wenig arg strapaziert wird. Interessanterweise habe ich letztens nebenbei im TV gehört – mein Sohn hat etwas im TV geguckt und umgeschaltet – dass der Sender RT Deutsch, die Wahrheit immer wieder extrem verbiegen möchte. Dieses Aussage durch einen öffentlich-rechtlichen Sender sollte man vielleicht einmal hinterfragen.

Ich weiß zumindest nicht mehr, wem ich wirklich glauben soll. Momentan bin ich geneigt, eher RT Deutschland als unseren Medien zu glauben. Das vorliegende Beispiel scheint sehr deutlich zu sein. Allerdings muss ich zugeben, dass ich selbst keine Anfrage an die russischen Behörden gestellt habe. Mir erscheint der Artikel von RT Deutschland allerdings sehr glaubwürdig, da er zurecht anmerkt, dass die deutsche Berichterstattung ohne Quellenverweis auskommt.

Ich finde den Zustand unserer Presse besorgniserregend. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die ARD sich durch Zwangsgelder finanziert.

 


 

Edit:
Hadmut Danisch hat eine noch düstere Wahrnehmung als ich. Wahrscheinlich hat er sogar Recht:
Wie in Deutschland gerade die Grundrechte zusammengetreten werden
Das mit dem Demonstrationsverbot in Dresden habe ich heute noch gar nicht bekommen. Es wird bedrohlich in Deutschland. Die Ausdrücke Propaganda, Lügenpresse usw. werden nicht umsonst ausgewählt.

 

4 Gedanken zu „Lügenpresse? Propaganda?
Doch Führerscheine für Transsexuelle in Russland

  1. Danke für deinen Beitrag. Man kann gar nicht oft genug die antirussische Propaganda veröffentlichen. Lügenpresse passt eigentlich sehr genau auf unsere Medienlandschaft. Und das gilt für einen sehr großen Teil der Presse. Mittlerweile sind unabhängige Blogs weit mehr informativer als Zeitungen zumal da noch richtig Recherchearbeit vorhanden ist. Traurig aber war wenn sich dann diese Lügenpresse als Qualitätsjournalismus bezeichnet und diese kleinen, unabhängigen Blogs immer abwertet.

    1. Der Ausdruck der Lügenpresse mag auch provokativ sein, aber genau da wird wieder erkennbar, dass Kritik direkt im Kern erstickt werden soll.

      Spätestens seit der Ukrainiekrise sollte den Leuten bewusst sein, dass da etwas ganz gewaltig nicht stimmt.

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